In unseren Gartenparadiesen erfreuen sich Nacktschnecken keiner großen Beliebtheit. Vor allem die Spanische Wegschnecke und ihre Unersättlichkeit bringen ihre Gilde in Verruf.
Doch sobald wir uns aus dem Gartenstuhl erheben, die Sonnenbrille gegen die Taucherbrille austauschen, um in die tropischen Korallenriffe unserer Erde einzutauchen, eröffnet sich uns ein ganz neuer Blickwinkel. Vielleicht auch, weil wir keine Nesseltiere verspeisen und die marine Nacktschnecke (aka Nacktkiemer) in kein direktes Konkurrenzverhältnis zu uns und unserem Salat tritt. Auch alte Seebären geraten immer wieder aufs Neue in Verzückung, wenn sie diese winzigen, extrem farben- und formenfrohen Kreationen der Evolution entdecken.
Es ist nicht immer leicht bei diesen Schnecken Anfang und Ende auszumachen. Der deutsche Name Nacktkiemer leitet sich von dem Begriff Nudibranchia [von latein. nudus = nackt, griech. brankhia = Kiemen] ab. Nacktkiemer sind eine Unterordnung der Ordnung der Hinterkiemerschnecken. Daraus können wir schließen, dass der fein verästelte kronenförmige Anhang der Schnecke zum einen die Kiemen sind und zum anderen das Hinterende des Körpers markieren. Durch dieses simple Ausschlussverfahren wissen wir nun, wo vorne sein sollte. Am Kopf sehen wir deutlich die paarigen Rhinophoren – ein olfaktorisches Sinnesorgan.
Gehören die Schnecken nicht zu der Gruppe der Nacktkiemer, ist es schon etwas schwieriger das Vorderende des Tieres auszumachen, bzw. das Tier überhaupt als Schnecke zu identifizieren. Die auffälligen Farben weisen potentielle Fressfeinde auf eine gewisse Ungenießbarkeit hin.
Bemerkenswerte Verteidigungsstrategie: Kleptocniden [von griech. kleptein = stehlen, griech. knidē = Nessel] haben einen langgestreckten Körper mit mehreren Reihen Körperanhängen auf der Rückenoberfläche. In den Enden der kräftig gefärbten Anhänge lagern Cnidensäckchen gefüllt mit Nesselzellen der Beute im nicht abgefeuerten Zustand.
„Gib mir deinen Saft, ich geb‘ dir meinen!“ Alle Nacktschnecken sind Zwitter. Die Geschlechtsorgane liegen auf der rechten Seite des Körpers, seitlich hinter dem Kopf. Den Fortpflanzungspfropfen stülpen die Tiere nur bei Bedarf aus.
<- Chromodoris lochi bei der Kopulation.
Schmiede das Eisen, solange es heiß ist! Thecacera sp.: Während der Partner auf einem Stück Seegras ablaicht, bemüht sich der andere um eine Kopulation. Der Samen der Nacktschnecke muss nicht unmittelbar zur Befruchtung führen und wird eventuell eingelagert. Ein fast durchsichtiger Fortpflanzungspfropfen zwischen den beiden etwa 1 cm großen Schnecken. Genau hinschauen: Die weiße Eimasse ist ansatzweise zu erkennen. Das rechte Tier schaut nach unten. ->
Es ist vollbracht: Die bänderförmige Eimasse legen die Hermaphroditen meist gegen den Uhrzeigersinn. Die Eier sind mit einer klebrigen schützenden Flüssigkeit verbunden. Später beginnen die geschlüpften Nacktschnecken ihr Leben als pelagische Veliger. Mit guten Bedingungen (ein Untergrund mit Futter) endet das Larvenstadium.
Die Fotos habe ich in Indonesien (Bali, Lombok, Flores) und um die Inseln Mabul in Malaysia aufgenommen.
Literatur: Schnecken Führer Indopazifik, Helmut Debelius (2003)